Wie Lesung und Musik sich synergetisch beeinflussen, erlebten die Besucher einer Veranstaltung ... tiefschürfend recherchiert und interessante Analogien zwischen Mittelalter und 20. Jahrhundert entdeckt.

Moulana Galal ad-Din Rumi, der persische Dichter und Mystiker des Mittelalters (1207 geboren), und der Psychoanalytiker, Philosoph und Humanwissenschaftler Erich Fromm (1900 bis 1980) haben in der überlegten Textauswahl der beiden Rezitatoren viele Denkansätze, psychologische und philosophische oder sogar - versteckt - ideologische Weltanschauungen und Lebensbilder gemeinsam. Dies stellten beide Rezitatoren stringent heraus. Bei Rumi aus dessen Versen aus dem „Matnawi”, eine literarische Gattung von Doppelversen. Und bei Fromm nachgelesen in dessen Textsammlung „Die Kunst des Liebens”. Demnach erfordere die Liebe - so die Quintessenz dieser fundiert zusammengestellten, eindringlich rezitierten und informativ erläuterten Textauswahl - Wissen und aktives Handeln - nach Fromm.

Der textlichen Begegnung aus Orient und Okzident folgte dann auch die musikalische: Mashayekh stellte Kompositionen von Francisco Tarrega (1852 bis 1909) und Ferderico Torroba der iberischen Halbinsel vor, die diese beiden stilistischen Einflüsse aufgreifen. Mit Bachs Lautensuite (auf der klassischen Gitarre gespielt) stellte er ein Klangbeispiel des deutschen Barock gegenüber. Und auf der persischen Laute, der Al-Oud, kamen Volkstänze und Volksweisen aus seiner persischen Heimat zur lebhaft pulsierenden, teilweise improvisatorisch wirkenden Aufführung.
(DIE RHEINPFALZ, Pfälzische Volkszeitung, November 2011)

Nach Jahrtausenden noch aktuell

Kompositorische und literarische Vermächtnisse bilden nicht nur Grundlagen des kulturellen Lebens, sondern auch tragende Eckpfeiler der siebten Enkenbach-Alsenborner Kulturtage. Am Freitag kam es diesbezüglich auch zu einer hochinteressanten kulturellen Begegnung zwischen Orient und Okzident: Fabeln aus dem persischen Altertum und traditionelle persische Kunstmusik trafen im Ratssaal der Verbandsgemeinde auf eine Blütezeit europäischer Kultur im Genre von konzertanter Gitarrenmusik. Die Resonanz war beachtlich, die Publikumswirkung sicherlich nachhal(l)tig. Das lag an der eindringlichen sowie einfühlsamen Rezitation durch Esther Böhm und Abbas Mashayekh, die allegorische Fabeln ab der Zeit Alexander des Großen und seiner Indieneroberung rezitierten. In den fantastischen Geschichten mit sprechenden Tieren aus vorislamischer Zeit und aus der Bidpay-Sammlung eines Philosophen entstehen nicht nur lebendige Bilder. So führt die Stoffsammlung „Kalila und Dimna“ auch zu archetypischen Charaktereigenschaften von Mensch und Tier: Zwar entstand sie im zweiten Jahrhundert vor Christus, wirkt aber zeitlos und offenbar unabhängig von Kulturen und gesellschaftlichen Vorgaben. In den Fabeln „Katze und Maus“ und vor allem „Kamelreiter“ (mit einer Schlange in Not) werden soziale, psychologische und philosophische Themenstellungen in Gleichnissen bildhaft veranschaulicht. ...
(DIE RHEINPFALZ, Pfälzische Volkszeitung, November 2013)